Der Entwurf des Traumjobs.
Jenseits des Büros: Ein alternativer Karriereweg für Architekten
Vorweg: Mein Foto der Harpa in Reykjavik (Juni 2013) von Henning Larsen Architects, welches im Beitragsbild auf dem Bauplan zu erkennen ist, war einer der ersten sichtbaren und ganz deutlichen Hinweise an meine Umwelt, dass ich den Weg aus dem Architekturbüro heraus gehen werde und fortan einen alternativen Weg in der Architektur beschreiten werde.
Die Architektur ist ein Feld, das ebenso breit wie faszinierend ist. Sie reicht weit über die Grenzen von Computer Arbeitsplatz, Baustelle und Büroalltag hinaus. Diese Erkenntnis mag für viele, die in der Branche arbeiten oder studiert haben, eine Offenbarung sein, besonders wenn die tägliche Arbeit nicht den erwarteten kreativen oder beruflichen Erfüllungen entspricht oder man vielleicht sogar mit der Planung und der Bauleitung überfordert zu sein scheint. Meine persönliche Reise durch das Architekturstudium bis hin zur beruflichen Realität spiegelt eine solche Entdeckung wider und zeigt auf, dass es für Architekten vielfältige Wege gibt, ihren Platz in der Welt der Gestaltung zu finden.
Die Ernüchterung im Berufsalltag
Nach einem euphorisch durchlaufenen Architekturstudium, das von langen Nächten und leidenschaftlichem Entwerfen und Gestalten geprägt war, fand ich mich in der Praxis überraschend unerfüllt wieder. Der Job nach direkt nach dem Studium in einem Regensburger Architekturbüro, der sich hauptsächlich auf das Verschieben von Wänden in einer bestehenden Werkplanung einer Grundschule und ähnlich repetitive Aufgaben beschränkte, war weit entfernt von der Erwartungshaltung, die ich an sich hatte. Ich wollte dazu lernen und mich im Beruf des Architekten zurecht finden. Nach 2 Jahren fand ich mich im selben Büro sitzen und erkannte: Ich habe nicht wirklich etwas dazu gelernt. Ich bin nach wie vor der Student, der in dieses Büro gekommen war. Ein späterer Kunde von mir hatte mir hierzu einmal gesagt, dass ich wohl die falsche Stelle gehabt habe, weil ich mit Euphorie aus dem Studium auf eine Stelle gekommen war, die mir keine Möglichkeit zur Weiterentwicklung gegeben hat, weil vielleicht einfach auch gerade nicht die passenden Projekte vorhanden waren. Daher auch kein Vorwurf an meinen damaligen Arbeitgeber, bei welchem ich wirklich sehr gerne gearbeitet hatte. Diese Ernüchterung führte allerdings damals zu der Erkenntnis, dass ich, trotz meiner Liebe zur Architektur, in der traditionellen Rolle eines Architekten im Büro nicht aufblühen würde.
Die Suche nach Alternativen
In dieser Zeit der Selbstreflexion begann ich, meine bereits in Schulde und Studium erworbenen kreativen Fertigkeiten, wie Fotografie, Videobearbeitung, 3D-Visualisierung und Zeichnen, neu zu bewerten. Zunächst dachte ich, dass sie ganz nettes Beiwerk in meinem Skill-Set sind, aber letztlich nicht recht viel mehr. Je länger ich aber diese Gedanken hatte, desto mehr öffneten ich mir selbst die Augen für die breiten Möglichkeiten innerhalb der Architektur, die über die Planung und Bauleitung hinausgehen.
Die Entscheidung, meinen Masterstudiengang an der Hochschule Bochum zu absolvieren, lenkte meinen beruflichen Weg schließlich in Richtung Kommunikation und Marketing innerhalb der Baubranche. Dieser Schritt war damals der Startschuss für einen beruflichen Befreiungsschlag und zeigte mir, dass es ein Leben außerhalb des Architekturbüros gibt, das dennoch tief in der Architektur verwurzelt ist.
Ein Appell an Gleichgesinnte
Bis heute habe ich diesen Weg strikt weiterverfolgt. Und als ich 2019 eine Stellung in Regensburg annahm, die zwar noch in Marketing und Vertrieb innerhalb der Baubranche angesiedelt, aber weit entfernt von Kreativität, Gestaltung und Architektur war habe ich zwei Jahre später den finalen Schritt in Richtung der beruflichen Erfüllung gewagt: Die Selbständigkeit mit dem was ich heute mit NAOS und vollem Elan, Ehrgeiz und Hingabe mache.
Daher kann meine Botschaft an Architekten und Absolventen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden einfach nur lauten: Es gibt zahlreiche Nischen und Richtungen innerhalb der Architektur, in denen ihr euren Platz finden könnt. Die im Studium vermittelte Vorstellung, dass die Arbeit eines Architekten sich ausschließlich auf Planung und Bauleitung beschränkt, ist eine begrenzte Sichtweise. Das Feld ist weit offener und bietet unzählige Möglichkeiten, einen wirklich wertvollen Beitrag zu leisten – sei es in der Redaktion einer Fachzeitschrift, im Immobilienmarketing, als Fotograf oder in einem anderen kreativen Beruf.
Der Weg zur Erfüllung: Mut und Selbstreflexion
Die Entscheidung, den traditionellen Pfad zu verlassen, erfordert Mut und eine ehrliche Selbstreflexion. Doch die Belohnung – ein erfülltes Berufsleben, in dem man seine Leidenschaften ausleben und einen echten Beitrag zur Architektur leisten kann – ist unermesslich. Ich stehe nicht allein mit meiner Erfahrung. Viele Architekten, die ähnliche Wege eingeschlagen haben, berichten von einem glücklicheren und zufriedeneren Leben nach dieser beruflichen Neuorientierung.
Die Architektur ist mehr als nur das Entwerfen von Gebäuden; sie ist ein umfassendes Feld, das unzählige Möglichkeiten für kreative und passionierte Individuen bietet. Die Erkenntnis, dass der traditionelle Weg nicht der einzige ist, kann der erste Schritt zu einer erfüllteren Karriere und einem glücklicheren Leben sein. Seid mutig! Entdeckt eure wahren Leidenschaften und findet einen Weg, der nicht nur euch selbst, sondern auch der Architektur zu Gunsten kommt. ■
Damit fing zwar nicht alles an. Aber der Island-Urlaub im Juni 2013, in welchem auch dieses Foto des Konzertgebäudes in Reykjavik entstand, veränderte alles. Nur 2 Tage nach diesem Foto habe ich damals meine Bewerbung für die Marketing-Abteilung eines bekannten Bausoftware-Herstellers in München geschrieben und damit meinen alternativen Weg in der Architektur begonnen. Ich würde heute immer wieder genau so entscheiden. Beste Entscheidung. Ever!